Gastredner berichtet über seinen schweren Kampf aus der Sucht heraus

12. Mai 2017
Nichts ist zerbrechlicher als die junge Seele eines Kindes. Fallen mehrere Faktoren wie ein Hammer auf diese zarte Seele ein, zerbricht diese. Das Gefühl von Wertlosigkeit, Einsamkeit und die Sehnsucht nach Geborgenheit und Akzeptanz führen zu einer inneren Ohnmacht, die die Selbstwahrnehmung eines jeden Menschen umgibt und führt. Und ist diese erst getrübt, wird diese junge Seele anfälliger von dem richtigen Weg abzukommen.  

So erging es auch dem Gastredner, der in der zweiten Einheit des Suchtpräventionsprojektes „Drogen – Wenn die Neugierde zur Abhängigkeit wird“ den Schülern der 2KVAB1 und 2 der Helene- Weber- Schule in Bad Saulgau einen Einblick in seinen Kampf gegen die Abhängigkeit gewährte. Die Schülerinnen und Schüler hörten aufmerksam, teils geschockt zu, wie leicht es doch ist in die Welt der Abhängigkeit zu geraten und welchen enormen Kraftaufwand und Willen es bedarf, sich aus dieser Abhängigkeit herauszukämpfen. Der erste Kontakt ist zumeist einfach, denn das Verlangen nach Dazugehörigkeit senkt so manche persönliche Hemmschwelle. Sei es die erste Zigarette um zu den Coolen der Klasse dazuzugehören, sei es das erste Bier, weil man zu den großen dazugehören möchte oder sei es der erste Joint, weil man einer von den „Rebellen“ sein will. Und ehe man sich versieht, ist die Abwärtsspirale in die Abhängigkeit in vollem Gange. Auch unser Gastredner, der durch die Schulsozialarbeiterin Lucia Biniecki und die Suchtberatungsstelle Sigmaringen gewonnen werden konnte, berichtet, dass der Einstieg mit einer Zigarette begann. Auf die Zigarette folgte der Alkohol, auf den Alkohol der erste Joint, auf den ersten Joint folgte das Verlangen nach mehr. An diesem Punkt angekommen zählt nur noch eins: Seinen eigenen Bedarf zu decken, seine eigene Sucht zu stillen. Schule, Ausbildung und Arbeit geraten in den Hintergrund. Ständige Konfrontationen von Freunden und Familie werden lästig, denn man selbst empfindet seine eigene Sucht nicht als Abhängigkeit. Abhängigkeit bedeutet Kontrollverlust. Aussagen wie „ich bin nicht süchtig. Ich kann jederzeit damit aufhören“ oder „ich habe alles unter Kontrolle“ werden zu ständigen Begleitern in der Konfrontation mit dem eigenen Umfeld. Doch wer kontrolliert wen? Der Konsument den Konsum oder der Konsum den Konsumenten? Bis diese Frage selbst beantwortet werden kann, ist ein langer Prozess notwendig. Für den Gastredner war zu diesem Zeitpunkt klar, dass er kein Problem habe. Er habe es sich selbst nicht eingestehen wollen und dennoch brauchte er täglich einen bestimmten Pegel um den Tag zu überstehen. Und so rutschte er immer weiter auf der Abwärtsspirale herunter bis er zur Einsicht kam, am persönlichen Abgrund angekommen zu sein. Heute kann er sagen, dass er von seiner Sucht abhängig war. Und zurecht kann er mit Stolz sagen, dass er sich gegen die Sucht gestellt, die physischen und psychischen Schmerzen während der Entgiftung ertragen und sich ein neues Leben erarbeitet hat.

Insbesondere der Weg aus der Abhängigkeit heraus fesselte die Schülerinnen und Schüler der 2KVAB1 und 2, der als besonders schmerzhaft und Kräfte zerrend beschrieben wurde. Rückschläge während und nach der Entgiftung ließen den Gastredner immer wieder an sich zweifeln. Zuspruch und Mut bekam er durch die unterstützende Hand der Suchtberatungsstelle in Sigmaringen, die ihn während seines gesamten Kampfes ununterbrochen begleitete und ihm immer wieder zu neuem Antrieb verhalf. Diesem Kampf brachte die 2KVAB1 und 2 höchste Wertschätzung entgegen und bedankte sich für die persönlichen und emotionalen Einblicke, die der Gastredner durch seine Bereitschaft, von seinem Kampf aus der Sucht heraus zu berichten, ermöglichte.

Lucia Biniecki, Sozialpädagogin (B.A.)

Schulsozialarbeiterin am Berufsschulzentrum Bad Saulgau

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12. Mai 2017