„Einigkeit – Unrecht – Freiheit“, so lautet der Titel der Trilogie, mit der der Ochsenhauser Autor Frank Heckelsmüller seinem Großvater Franz Fricker ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Aus dem vor Kurzem erschienenen zweiten Band, der sich mit der Epoche des Nationalsozialismus beschäftigt, hat der Geschichtslehrer nun an der Helene-Weber-Schule vor interessierten Schülerinnen und Schülern des Berufskollegs Pflege sowie des Wirtschaftsgymnasiums gelesen. Organisiert wurde die Autorenlesung von der Geschichte- und Gemeinschaftskunde-Lehrerin Daniela Berner, die ihr Referendariat in Ochsenhausen absolviert hatte und dadurch den Kontakt zu Frank Heckelsmüller herstellen konnte.
Am Anfang steht eine Szene wie aus einem Film: Zwei Männer laufen in München eine enge Straße entlang und stoßen auf zwei in Lederkluft gekleidete Personen, die Plakate an einer Mauer befestigen. Kurz darauf dringt das Geräusch einer marschierenden Menge an das Ohr der Passanten: Es handelt sich um einen SA-Trupp, der sich anschickt, die Plakatierer zu verfolgen und zu misshandeln, nur weil sie Kommunisten sind. Mit dieser Episode aus dem Leben Franz Frickers entführte Frank Heckelsmüller die Schülerinnen und Schüler seiner Autorenlesung in die Welt seines oberschwäbischen Zeitzeugen. Fricker, einer der beiden unbeteiligten Männer bei der Münchner Szenerie, ist der Großvater des Autors. Aus dessen Perspektive schildert der Enkel Erlebnisse des Ochsenhausers in der Zeit der Weimarer Republik und des Dritten Reiches.
Dabei berühren die sehr persönlichen Einblicke auf ganz besondere Weise. Wie wird ein eher konservativ eingestellter Katholik Mitglied der NSDAP? Den Leser an diesem persönlichen Entscheidungsprozess teilhaben zu lassen, ist eine der großen Leistungen des Buches: Da sitzen Franz und sein Freund Bene Abend für Abend bei Parteiversammlungen in einem Ochsenhauser Lokal und lauschen den Hassreden eines überzeugten Nationalsozialisten. Die jungen Männer grübeln und wägen ab. Zwischen mehreren Halben und einigen Obstlern unterschreiben die beiden schließlich den Mitgliedsantrag. Von da an ist Fricker einer von denen und wird sogar wenig später Blockwart. Erste Kratzer erhält sein Weltbild, als man im Frühjahr 1942 die Glocken aus der Klosterkirche zum Einschmelzen abtransportiert. Die Augen öffnet ihm jedoch ein anderes Ereignis: Zusammen mit seinem Freund und einem alten Schullehrer wird er Zeuge, wie die Gestapo den Ortspfarrer misshandelt und demütigt.
Mit den ausgewählten Textpassagen aus der Anfangszeit des Nationalsozialismus, der sogenannten Machtergreifung Hitlers, den Novemberpogromen des Jahres 1938 sowie den Kriegsjahren gelang es ihm, den Schülern ein Bild davon zu geben, was Leben unter einer Diktatur bedeuten kann.
Im Anschluss an die Lesung stand der Autor Rede und Antwort. Hierbei stellten die Schülerinnen und Schüler interessante und persönliche Fragen zum Großvaters des Autors. Darüber hinaus fragten sich die jungen Zuhörer, ob so etwas wie der Nationalsozialismus heute wieder passieren könne. Frank Heckelsmüller antworte ohne Umschweife: „Unsere Demokratie ist zwar stark, aber es gibt auch Kräfte, die in der Lage sind, die Demokratie zu beseitigen“, so der Autor.
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