Ich bin auch auf Universität – Matthäus’s Uni Blog

26. Dezember 2008

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Watt, wer bist du denn?[ /b]

Da mich viele in letzter Zeit gefragt haben wie es mir an der Uni so geht und was ich jetzt so mache habe ich beschlossen mal einen kleinen Blog zum Thema zu schreiben. Für alle die mich tatsächlich nicht, oder nicht mehr kennen sollten, mein Name ist Matthäus Wehowski und ich hatte die Ehre dieses Jahr (2008) auf dem wunderbaren Wirtschaftsgymnasium mein Abitur zu machen. Inzwischen studiere ich Geschichte und Slavistik (Osteuropäische Sprach und Kulturwissenschaften) in Tübingen und arbeite nebenher als Journalist beim Uniradio. Für alle die sich später für ein Studium in Tübingen oder woanders interessieren, will ich an dieser Stelle in paar Tipps geben.

[ b]Kapitel 1: Tipps und Tricks

1. Studieren oder kassieren?[ /b]

Diese Frage stellen sich wahrscheinlich die meisten wenn sie überlegen ob sie nach dem Abi Studieren oder besser doch eine Ausbildung machen sollen. Der Vorteil der Ausbildung liegt natürlich auf der Hand: Geld! Was gibt es gemütlicheres als einen netten kleinen Bürojob der dann auch noch gut bezahlt wird? So in Richtung Industrie oder Bankkaufmann? Klar wem so etwas gefällt der muss nicht Studieren. Aber was ist mit denen die etwas mehr wollen? Ohne Studium ist der Weg halt an einer Stelle zu Ende. Man bekommt seinen kleinen Job, arbeitet sich nach 20 Jahren vielleicht auf eine etwas bessere Position hoch, aber man wird von Leuten mit Uniabschluss dann doch irgendwann überholt. Klar ist das nicht immer so aber das ist eben das was dir an der Uni jeder Professor sagt und was in der Praxis auch immer häufiger der Fall ist.
Aber nun weg von der grauen Theorie und mal zu meinen persönlichen Erfahrungen: Eins ist klar, studieren kostet Geld! Das ist jetzt mit der Einführung der Studiengebühren noch schlimmer geworden. 500 € Gebühren und 70 € Studentenwerksbeitrag pro Semester sind auf jeden Fall heftig! Dazu kommt natürlich die kosten für eine eigene Wohnung, Busfahrkarte, Essen usw. Aber niemand muss hier an Geldarmut verzweifeln oder gar verhungern. Das wichtigste Instrument um als armer Student zu Geld zu kommen ist das Bafög. Zwar ist der Antrag ein gigantischer Papierkrieg, aber es lohnt sich! Vor allem wenn die Eltern nicht so viel verdienen oder wenn man viele Geschwister hat. Die Wohnungen sind in Tübingen leider auch ziemlich teuer, aber egal wo man studiert, eine eigene Wohnung ist unbedingt nötig!!! Von Saulgau nach Tübingen zu pendeln ist zwar in der Theorie möglich, funktioniert aber in der Praxis nicht! Das billigste was man bekommen kann sind Wohnheime (Ich wohne selbst in einem), aber hier muss man sich möglichst frühzeitig anmelden! Wenn ihr euch also für ein Studienfach entschieden habt (Möglichst schon Ende Mai, Anfang Juni) solltet ihr auch gleichzeitig schon für ein Wohnheim anmelden. Zwar hat man als Student grundsätzlich wenig Geld, aber man bekommt praktisch alles vergünstig! In jeder der drei Unimensen kostet das Mittagessen weniger als 3 €, und zwar ein vollwertiges Essen und nicht nur ein Döner oder so: Also Fleisch, Beilage, Salat , Suppe und Nachtisch. Das Semesterticket ist auch eine sehr praktische Sache da man knapp 50€ zahlt und ein halbes Jahr im gesamten NALDO Gebiet mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln herumfahren kann.

[ b]2. Welches Fach soll ich Studieren? [ /b]

Wenn man das Problem mit Geld, Wohnung usw. gelöst hat muss man sich natürlich noch für ein Fach entscheiden, dazu ein wichtiger Tipp von mir: Wählt möglichst ein Fach das euch Spaß macht! Wenn ihr z.B. BWL studieren wollt nur weil man danach viel Geld verdienen kann, aber ihr nie wirklich Spaß bei dem Fach hattet, dann lasst die Finger davon! Im Studium muss man sich sehr intensiv mit einem Fach beschäftigen und wirklich Tief ins Detail gehen. Vor allem muss man aber auch selbständig Arbeiten! Keiner rennt einem hier mit Aufgaben hinterher, diese muss man von sich aus machen. Uni ist komplett anders als Schule! Wie wähle ich also mein perfektes Fach aus:

[ b]Schritt eins: [ /b]

Information – Viele Fächer sehen auf dem Papier echt klasse aus! „Islamische Kulturwissenschaft“, cool hab ich mich schon immer für interessiert, mach ich!“ Dass man da 4 Semester lang nur Arabisch lernt, sollte man natürlich beachten! Das gleiche gilt für Informatik: „Cool ich hänge den ganzen Tag am Rechner und hab 13486112396921 Erfahrungspunkte bei World of Warcraft, ich studiere was mit Computern“ ist genauso ein Trugschluss, da man beim Informatikstudium extrem viel Mathe machen muss. Aber nicht nur bei Informatik verbirgt sich die Mathe Falle! Auch bei scheinbar harmlosen Fächern wie Philosophie (Vorsicht Patrick!) lauert eine ganze Menge Mathe! Also nix mit Nietsche oder Kant lesen! (Zumindest nicht im ersten Semester, dafür brauchst du aber KEIN Latein). Also gaaaanz wichtig, immer genau hinschauen was sich hinter einem Fach verbirgt! Am besten mal bei Studienberatung in der Wilhelmstraße 11 vorbeischauen, die helfen einem immer freundlich und kompetent weiter.

[ b]Schritt zwei: [ /b]

Bewerbung – Hat man erst einmal sein Traumfach gefunden, folgt die Bewerbung. In vielen Fächern gibt es heute einen NC (Nummerus Clausus), das bedeutet das man einen bestimmten Schnitt braucht um dieses Fach studieren zu können. Mit einem Schnitt, schlechter als 1,3 braucht man gar nicht an ein Medizinstudium zu denken! Auch ein BWL Studium in Tübingen ist mit einer schlechteren Note wie 2,1 nur noch schwer möglich. Auch beim Lehramt gibt es inzwischen einen NC. Also strengt euch beim Abi an so lange ihr noch die Chance dazu habt! In einigen Fächern gibt es dazu noch einen Eignungstest der aber meistens auch ziemlich heftig ist, man kann allerdings seinen Schnitt noch mit Dingen wie Teilnahme an wissenschaftlichen Wettbewerben oder einer Berufsausbildung nach oben heben.

[ b]Schritt drei: [ /b]

Stundenplan – Sind Schritt 1 und 2 erstmal erfolgreich gelöst, dann muss man sich noch um seinen Stundenplan kümmern. (Ja den darf man sich selbst zusammenstellen!) Zumindest in so schönen Fächern wie Geschichte ist das möglich. Bei den Wirtschaftswissenschaften ist das leider nicht mehr so leicht (Zumindest in den ersten paar Semestern). Auch hier ein wichtiger Tipp: Manche Studenten haben scheinbar eine unheimlich entspannte Woche: gerade einmal 16 Wochenstunden mit Vorlesungen, Seminaren, Übungen usw. Klingt wenig? Ist aber fast schon zu viel! Denn eine Semesterwochenstunde ist nicht wie eine Schulstunde! In der Regel rechnet man damit das man für eine Semesterwochenstunde (SWS) ungefähr 2 Stunden Vor und nacharbeiten muss, das bedeutet die tatsächliche Arbeitsdauer steigt schnell auf über 40 Stunden in der Woche! Also nix mehr mit Bummelstudium, man muss in jedem Fach mit viel Arbeit rechnen!!!

[ b]Kapitel 2 – Leben im UNIversum[ /b]

[ b]1. Die Mitbewohner:[ /b] Etwas sehr wichtiges beim Studium ist natürlich das Unlieben und dass fängt als erstes mal bei den Mitbewohnern an . Wenn man nicht gerade megabonzig ist und sich eine eigene Wohnung leisten kann wird man zwangsläufig mit Mitbewohnern konfrontiert, egal ob WG oder Wohnheim. Im letzteren gibt es natürlich noch eine Menge mehr, und vor allem Interessantere. Im „Studentendorf Waldhäuser-Ost“ (WHO), da wo ich wohne, gibt es vor allem sehr viele Studierende aus dem Ausland. Da findet man auch schon mal raus das der freundliche Chinese, mit dem man sich in der Küche unterhält, gerade auf seinen Doktor in Nuklearphysik macht. Allgemein ist Tübingen ungemein Weltoffen, es gibt Studenten aus der ganzen Welt! Ich kenne Leute aus Japan, Ungarn, Italien, Russland, China usw. Wer also gerne Leute aus allen Teilen des Globus kennenlernen will ist im Studium genau richtig!

[ b]2. Die Kommilitonen:[ /b] So nennt man an der Uni die Mitstudenten. Auch hier gilt häufig dass selbe wie für die Mitbewohner, es geht sehr international zu! Mitstudenten aus fernen Ländern wie China oder Sachsen sind hier völlig normal. Es gibt aber einen ziemlichen Unterschied zwischen 2 Gruppen: BA Studenten und Diplom Studenten. Letztere sind eine aussterbende Spezies, sie lernen noch auf den alten Studienabschluss Diplom oder Magister und sind teilweise schon im 10. Oder 11. Semester (Manchmal auch drüber!). Diese kennen sich in der Stadt und meistens auch in der Welt gut aus und sind eigentlich die meiste Zeit mit feiern beschäftigt. Daneben gibt es noch die BA (Bachelor/Baccalareus) Studenten (wie mich), deren Stundenplan mehr als voll ist und denen kaum Zeit zum Party machen bleibt (Was diese, und auch mich, nicht wirklich daran hindert es trotzdem zu tun).

[ b]3. Die Professoren:[ /b] Der typische, stereotype Professor hat einen Vollbart, einen Schal und sieht aus als würde er die Antike noch aus eigener Erfahrung kennen. Diese gibt es zwar auch noch, aber weit weniger als man so vermutet. Die meisten Professoren und Dozenten sind hier in Tübingen ziemlich Jung (Vor allem in Geschichte). Erstaunlich das manche Professoren die aussehen als wären sie moderne Businessleute (typisch mit Anzug und Aktenkoffer) dann plötzlich alte Geschichte Unterrichten! Also hier ist nicht alles so wie es scheint!

[ b]4. Die Universität:[ /b] Viele stellen sich die Uni als ein großes Gebäude vor, in etwa wie eine Schule, in das man geht und Unterrichtet wird. Das ist falsch! Die Uni in Tübingen ist zu vergleichen mit dem Gericht im Prozess (Ist das noch Pflichtlektüre?), Sie ist überall! An vielen, total unscheinbaren Häusern, überall in der Stadt, kann man Schildchen mit der Aufschrift „Institut für ………“ lesen. Die Uni ist überall! Die große Aula, wird zwar so allgemein als „Universität“ ausgegeben, aber dort befinden sich aber zum Großteil nur die Vorlesungsräume. Viele Seminare und Übungen hat man in den zahlreichen Instituts und Fakultätsgebäuden überall in der Stadt. Die Stadt selbst und vor allem eben die Professoren und Studenten sind die Universität, also weit mehr als nur ein Gebäude.

[ b]5. Das Internet:[ /b] Ohne Internet kein Studium! Das ist einfach eine Tatsache. Alles läuft über das Internet! Und ich meine da jetzt nicht StudiVZ. Hausaufgaben, (Ja es gibt sie noch), Stundenpläne und sogar Prüfungen laufen heutzutage Online. Den klassischen „Schein“ gibt es nicht mehr, zumindest nicht als ein Stück Papier. Man bekommt seine Noten über das Internet! Alle Informationen bekommt man grundsätzlich per Mail. Der Student von heute kommt ohne Rechner und DSL nicht aus! (Gibt es in Tübingen zum Glück überall)

[ b]6. Die Bibliothek:[ /b] Du liest gerne? Nein? Dann Finger weg vom Studium! Studieren heißt lesen und das egal in welchem Fach. In der Universitätsbibliothek gibt es Unmengen an Büchern zu allen Fächern und bereichen. Selbst wenn man Mathe Studiert kommt man nicht am lesen vorbei. Wer Probleme hat eine Buch innerhalb kurzer Zeit zu lesen (und zu verstehen!) sollte sich das mit dem Studium noch mal überlegen. Vor allem Geisteswissenschaftliche Studien (Wie bei mir in Geschichte) verlangen das lesen von dutzenden Büchern! Wenn ich sage lesen, dann meine ich natürlich nicht nur auf Deutsch! An der Universität wird selbstverständlich verlangt Bücher (auch Fachbücher!) auf Englisch zu lesen und das in jedem Fach! Englisch ist eine Grundvoraussetzung im Studium, wer dass nicht kann hat leider keine Chance! Selbst bei mir in Russischer Geschichte (Hab ich bei dem Modul „neuere und neuste Geschichte“ gewählt) gibt es viele Bücher nur auf Englisch! Hier fragt keiner nach ob man Englisch versteht, es wird einfach als Grundvorrausetzung fürs Studium betrachtet!

[ b]7. Das Nachtleben:[ /b] Für viele das interessanteste am Studium. In Tübingen gibt es in dieser Hinsicht ziemlich viel und Nachts ist auf den Straßen immer viel los. Es gibt viele Bars, Clubs und Diskos und zur Not ist Stuttgart auch nicht weit. Ich bin leider nicht so oft Unterwegs wie ich es Gerne hätte, wie Studium und Job eben viel Zeit kosten, aber ich gehe so oft wie es geht aus. Es gibt einige sehr gute Clubs in Tübingen (Bisheriger Favorit: Jazzkeller! Ausgezeichnete Musik, Leute cool drauf, Getränke so im preislichen Mittelmaß) und natürlich das berühmte Top Ten (War ich aber noch nicht drin). Im Vergleich zu Saulgau und Region natürlich ein Quantensprung! Für alle denen der M-Park so als bisheriges Highlight gilt wird in Tübingen viel Spaß haben.

[ b]Kapitel 3: About mich[ /b]

1. Mein Studiengang: Wenn ich sage ich Studiere Geschichte und Slavistik können mit ersterem die meisten noch was Anfangen aber zu meinem Nebenfach kommt Grundsätzlich die Frage: „Wat is den Slavistik?, nie gehört“ . Also Slavistik ist Sprach und Kulturwissenschaft der Slavischen Völker (Russen, Polen, Serben usw.). Das was also die Germanistik für die deutsche Sprache ist, das ist die Slavistik für die Länder mit slawischen Sprachen. Allerdings nicht nur für eine Sprache sondern eben über alle. (Slaw/vistik kann man übrigens mit W oder V schreiben, egal)

Was mache ich also da? – Im ersten Semester lernen wir das gleich was auch die Germanisten, Anglisten usw. lernen: Sprachwissenschaft. Wie ist Sprache aufgebaut? Wie wird sie eingeteilt? Wie werden Wörter ausgesprochen? usw. In der Uni lernt man Grundsätzlich viel schneller und intensiver als in der Schule (Soll jetzt kein Vorwurf sein, liebe Schulverwaltung). Man konzentriert sich eben viel mehr auf ein Fach und hat auch weit mehr Zeit zur Verfügung.

Nun also noch zu meinem Hauptfach, Geschichte: Für alle die mich noch von früher kennen, war es eigentlich klar das ich das nehmen musste und Tatsächlich: Es macht mir richtig Spaß! Allerdings ist das was ich so von vornherein an Geschichtswissen mitgebracht habe hier die absolute Voraussetzung. Wann etwa der 1. Weltkrieg war und wie der letzte deutsche Kaiser hieß, das gilt hier als Basiswissen. Es wird sehr stark ins Detail gegangen und man lernt über sein jeweiliges Wahlfach Unmengen an Zeug. Man muss sich von der Vorstellung verabschieden, dass man „die Geschichte“ der Menschheit von Anfang bis Ende (?!) an der Uni lernt. Das währe völlig unmöglich, weil vom Höhlenmensch bis zur Mondlandung doch eine Menge passiert ist. Deswegen sucht man sich bereits ganz am Anfang eine Spezialisierung aus. Innerhalb der ersten 4 Semester muss man 3 Module belegen: „Neuere und neuste Geschichte“ (Mache ich gerade), „Geschichte des Mittelalters“ und „Die Geschichte der Antike“. In jedem dieser Module darf man sich Frei ein Thema aussuchen. Für antike und Mittelalter braucht man jedoch Latein, deswegen wählen Studenten ohne Latinum im ersten Semester ein Fach aus dem Bereich „Neuere und neuste Geschichte“. Auch hier kann man schnell in einem Irrtum verfallen, denn die Neuere Geschichte beginnt ungefähr im Jahr 1500! Also kann man sich praktisch von Luther bis zum Vietnamkrieg ein Thema aussuchen. Ich habe mich für die Russische Geschichte zwischen 1857-1917 entschieden.

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26. Dezember 2008