Viva la Presidente: Wirtschaftsprüfer am WG
Irgendwann im Dezember, in einer der zahlreichen VBRW-Stunden erwähnte unser Lehrer Herr Seitz, dass uns im Januar ein Wirtschaftsprüfer besuchen und einen Vortrag halten wird. Und heute war es dann soweit, die kaufmännisch-sozialpflegerische Schule bekam Besuch: Es war Herr Gerhardt Locher, ein ehemaliger Schüler, der selbst „vor 21 Jahren in diesem Räumlichkeiten schwitzte“. Er arbeitet in einer Firma names PriceWaterHouseCoopers, welche weltweit mit 140.000 Angestellten und hier im deutschen Raum mit 8.000 Mitarbeitern aktiv ist.
Nach dieser kurzen Vorstellung begann der „Präsident“, wie er zu seiner Schulzeit genannt wurde mit der Gliederung seiner Präsentation. Er hatte sich viel vorgenommen und wir waren sehr gespannt, was hinter den insgesamt fünf Themenbereich verbarg. Er begann mit einer kleinen Einleitung und fragte die anwesenden Schüler, welche Aufgabe denn der Wirtschaftsprüfer hätte. Unsere liebe Judith zögerte nicht und meinte, dass dieser „Die Bilanzen prüft“. Tobi wusste auch warum, denn würde niemand die Bilanzen kontrollieren, „könnten die Unternehmen ja machen, was sie wollen“. Herr Locher vertiefte das mit einem Beispiel. Die D-AG müsste einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer einstellen. Unabhängig bedeutet, dass er keine Aktien an der Firma besitzen darf. Er erhält nämlich „Insiderwissen“, dass er nicht zu seinem Vorteil nutzen darf. Steht in etwa eine Fusion bevor, darf er diese Information nicht an Dritte weitergeben, damit diese Aktien einkaufen und nach Bekanntgabe der Meldung von steigenden Kursen profitieren können. Aber nicht nur der Staat hat ein Interesse daran, dass die Bilanzen korrekt sind, denn die „Aktionäre möchten ja auch eine ansprechende Dividende“. Damit soll es vermieden werden, dass größere Aufwendungen nur deshalb getätigt werden, um den ausgeschütteten Gewinn zu schmälern. Lukas stellte dann die Frage, „wer denn den Wirtschaftsprüfer überprüft“. Einerseits arbeitet dieser nicht alleine und andererseits gibt es Organisationen wie die bafin, WPK oder DPR welche als „Bilanzpolizei“ dienen, Fehler der Wirtschaftsprüfer erkennen und diese dann entsprechend abmahnen.
Nachdem der erste, sehr informative Punkt des Vortrags besprochen war, wurde es nun ernst und die Gesetzbücher kamen zum Einsatz. Die folgenden Stunden beschäftigten wir uns mit der Bewertung von Beteiligungen und Immobilien. Besonders wichtig war natürlich die uns allen bekannten Gesetze im HGB, ab § 252. Nachdem wir uns die Grundlagen durchgelesen und verinnerlicht hatten, besprachen wir die einzelnen Fälle und Passagen, die in der Praxis relevant sind. Für die meisten war dies eine Art Wiederholung der vergangenen VBRW Stunden, denn es kamen Begriffe zum Zug wie etwa die „stillen Reserven“ oder das „Vorsichtsprinzip“. Aber auch für unsere BWL-Cracks gab’s neue Dinge zu lernen, wie etwa der „Festwert“. Herr Locher erklärte das an einem Beispiel aus der Gastronomiebranche: Hier werden einmalig Löffel gekauft, aber man prüft nicht jedes Jahr, wie viel diese Wert sind, um Arbeit und somit Kosten zu vermeiden.
Auch wurde uns erklärt, was es sich mit dem Barwert und der Abzinsung auf sich hat. Wer den FiMa-Kurs belegte, hatte gut lachen, denn dies war das Thema von bereits zwei Klassenarbeiten. Unser kompetenter Lehrer Herr Aigner brachte uns umfangreich bei, wie man Wertgegenstände auf- oder abzinst, so dass wir guten Gewissens nicken konnten, als wir gefragt wurden, ob wir es denn verstanden hätten.
Herr Seitz merkte dann zum Glück, dass die Konzentration nach über einer Stunde zuhören nur noch bedingt vorhanden ist und nicht nur die Mägen meiner Mitschüler nach einer Pause schrien. So bekamen wir eine kleine Pause, in welcher Matthäus dann nachfragte, „welche Lehrer er denn früher gehabt hätte“. Einige davon kannten wir nicht mehr, aber es waren auch „alte Bekannte“ dabei. Er hatte zum Beispiel Herr Fuchs in Mathe, Frau Peschke in Deutsch und zu guter letzt Frau Rheingans in Englisch. Wie man sieht, kann man es auch ohne Englischkenntnisse zu was bringen – vielleicht eine kleine Motivation für alle Englisch-Unterkurs’ler.
Nach der Pause begannen wir nicht dort, wo wir aufgehört hatten, denn Herr Locher klärte uns über seinen Beruf auf. Zu sehr ausschweifen möchte ich an dieser Stelle nicht, aber vielleicht überzeugte es doch den ein- oder anderen, sich zumindest den Berufszweig oder den Werdegang des Wirtschaftsprüfers nochmals genauer anzuschauen. Als letzer Punkt brachte man uns die „Zukunft des HGB“ unter dem Stichpunkt „Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz“ näher. Zum einen Besitzt das HGB einige Gummiparagraphen, die viel Interpretationsspielraum lassen. Andererseits wird laufend versucht, das HGB an internationale Richtlinien anzupassen, um den weltweiten Handel zu erleichtern.
Insgesamt war es eine vorallem zu Beginn sehr informative, ansprechende Veranstaltung. Auch wenn einige ihre Freistunde opfern mussten, bin ich der Meinung, dass es sich gelohnt hat. Es wurden zahlreiche Begriffe wiederholt und vertieft, viele neuen Dinge wurden uns nahegelegt. Aber es ist nicht alles Gold, was glänzt: Zumindest mein Eindruck war, dass wir zu lange im Gesetzbuch blätterten und dadurch die Motivation nicht nur bei mir stark zurück ging und unsere Aufnahmefähigkeit stark nachließ. Nichts desto trotz bekam man einen schönen Einblick in den Beruf des Wirtschaftsprüfers, aber vorallem auch die Bestätigung, dass man die Dinge, die man im VBRW erlernt auch wirklich mal im Leben benötigt und das Wissen zu Geld machen kann.
23. Januar 2008